BERLIN (internAA) – Nicht jeder nimmt im 126. Lebensjahr noch einen völlig neuen Posten an. Edmund Friedemann Dräcker wurde zwar 1888 geboren, gleichwohl ist er heute fit wie ein Turnschuh. Ein Ruhestand, der darin besteht, ruhig zu stehen, ist nichts für den ältesten Haudegen der deutschen Diplomatie. In der letzten Zeit waren die Sonderaufträge, mit denen das Auswärtige Amt ihn immer einmal wieder betraute, stetig weniger geworden. Die Krisen von dieser Welt waren ja auch nie das, worum sich der Ostpreuße und praktizierende Buddhist „Eddie“ Dräcker gekümmert hat. So war es nur folgerichtig, dass er sich entschloss, eine Aufgabe zu übernehmen, die ihm wie auf den Leib geschneidert erscheint. Seit Kurzem ist Dräcker nämlich Präsident des Bundesamts für magische Wesen. Die wichtige Behörde mit dem Bundeslurch im Wappen hat ihren Dienstsitz in Bonn.
Dort gewährte ihr Präsident internAA ein exklusives Interview. Wie üblich stand Dräcker im Schatten, so dass man ihn nicht erkennen konnte.
InternAA – Karrieresprung mit 126 für Edmund F. Dräcker
internAA: Herr Dräcker, nicht jeder hat schon davon gehört, deshalb die Frage: Was macht das Bundesamt, dem Sie jetzt vorstehen?
Dräcker: Nun, das ist ganz einfach erklärt. Das Bundesamt für magische Wesen, das BAfmW, ist die oberste Bundesbehörde für die Belange der magischen Wesen.
internAA: Wer zählt zu diesen Wesen?
Dräcker: Sie kennen sie alle: Vampire zählen dazu, Elfen, Drachen, natürlich die Hexen, aber auch eingewanderte irische Tylwyth Teg, norwegische Trolle, iranische Senmurvs, arabische Dschinnen. Neulich war ein nordamerikanischer Bigfoot bei mir im Büro, um sich als Sekretär vorzustellen. Aber ich habe seit 66 Jahren dieselbe Vorzimmerdame. Da will ich mich nicht mehr umgewöhnen.
internAA: Die Interessen der magischen Wesen aus dem Ausland waren bisher Gegenstand des Auswärtigen Amts. Warum wurde das geändert?
Dräcker: Ja, das ist wahr. Und das Auswärtige Amt hat diese Aufgabe immer als Kernbereich seiner Tätigkeit empfunden. Dass es nun nicht mehr zuständig ist, bedeutet jedoch keinen Machtverlust. In diesem Fall liegt es anders. Ich habe auch nach wie vor ein Büro in der Zentrale in Berlin. Es ist nur einfach so, dass wir den Umgang mit den magischen Wesen auf europäischer Ebene harmonisieren wollen. In Island sind die Beziehungen zu den magischen Wesen eine kommunale Aufgabe, in Norwegen eine gesamtstaatliche, in den Vereinigten Staaten eine privatwirtschaftliche Angelegenheit. Aber ich frage sie, welches magische Wesen soll da durchblicken? Wir mussten uns also etwas überlegen. In enger Abstimmung mit unseren Partnern wurde deshalb das Bundesamt für magische Wesen geschaffen. Und ich arbeite mit aller Energie daran, das Bundesamt in ein integriertes globales Netzwerk von Institutionen einzubinden, denen die Belange unserer magischen Mitbürger am Herzen liegen.
internAA: Das hört sich, lieber Herr Dräcker, reichlich abgehoben an. Werden Sie doch bitte konkreter. Was sind denn, bei Lichte betrachtet, die Belange dieser Wesen?
Dräcker: Ich darf Sie bitten, mit dem Licht vorsichtiger zu sein!
internAA : Äh, Verzeihung.
Dräcker: Schon gut, junger Mann! Minderheitenschutz für Flaschengeister, Asylrecht im Falle katholischer Verfolgung kinderloser Hexen, das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben schwuler Vampire, Herdprämien für bildungsferne bayerische Wolpertinger, alles das und noch viel mehr würde ich als Aufgaben des Bundesamts ansehen. Die Arbeit des BAfmW ist breit gefächert. Und wir sind dafür breitbeinig aufgestellt.
InternAA – Mitarbeiterzeitschrift des Auswärtigen Amtes
internAA: Während der Vorbereitung dieses Interviews kam die Frage auf, ob es magische Wesen denn überhaupt gibt. Was antworten Sie auf solche Vorhaltungen?
Dräcker: Ach was, paperlapapp. Das Dasein der magischen Wesen erklärt sich prima facie – wie wir Juristen sagen – bereits aus der Existenz der Behörde selbst. Wo es ein Bundesamt gibt, da gibt es auch eine Aufgabe. Und wenn es ein Bundesamt für magische Wesen gibt, dann gibt es auch diese Wesen. Oder können Sie es sich anders vorstellen?
internAA: Öh, natürlich nicht. Wie sieht denn die tägliche Arbeit Ihrer Behörde aus?
Dräcker: Wir versuchen für Toleranz im Umgang mit unseren magischen Mitbürgern zu werben. Wie wollen Verständnis füreinander vermitteln – schon von der Kita an, dort wo sich beispielsweise junge Orks und Neuköllner Kids erstmals begegnen. Zu erkennen, wie ähnlich man sich ist, ist für die Kleinen eine prägende Erfahrung. Wir machen dies, indem wir mit mobilen Servicepoints vor Ort unterwegs sind. Außerdem beraten wir die Bundesregierung: Gerade liegt eine Öko-Verordnung zum BIO-Blut für gesundheitsbewusste Vampire im Kabinett zur Entscheidung. Hieran hat das BAfmW maßgeblichen Anteil gehabt.
internAA: Ahh-ja! Herr Dräcker, im beschaulichen Bonn hat sich gerade Besonderes ereignet. Worum handelt es sich?
Dräcker: Richtig, die magischen Reiche haben sich hier zu einer G8-Konferenz zusammengefunden, Planung und Organisation lagen in der Hand des Bundesamts.
internAA: Diese Konferenz haben Sie geleitet. Wie konnte das geschehen, wo Sie doch stets im Dunkeln bleiben, niemand je Ihr Gesicht und Ihre Gestalt gesehen hat?
Dräcker: Ja, da habe ich mich doubeln lassen.
internAA: Herr Dräcker, internAA dankt Ihnen für dieses erhellende Interview.